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Beschluss: Leitlinien für eine Verkehrspolitik in einer wachsenden Stadt

    Beschlossen vom Kreisparteitag am 14.04.2018.

    Die Befriedigung der Mobilitätsbedürfnisse in einer wachsenden Stadt wie Leipzig ist mit erheblichen Herausforderungen verbunden. Unabhängig davon ob wir die prognostizierte Zahl von 720.000 Einwohnern im Jahr 2030 tatsächlich erreichen, wird der Verkehr zunehmen. Schon 650.000 Einwohner würden einen Zuwachs um 10 Prozent bedeuten.

    Leipzig ist eine historisch gewachsene Stadt. Die verfügbaren Trassen und Flächen sind begrenzt. Das führt zu einem Konkurrenzverhältnis von Schiene, Straße, Radweg und Fußweg im vorhandenen bzw. neu zu schaffenden Verkehrsraum auf der einen Seite und zwischen dem Verkehrsraum und den Flächen für Wohnen, Arbeiten, Soziales, Bildung und Erholung auf der anderen Seite. Daher muss der vorhandene Verkehrsraum optimal genutzt, das Entstehen von Verkehr vermieden und der Zuwachs von Verkehrsraum auf das notwendige Maß begrenzt werden.

    Untersuchungen im Zusammenhang mit den Verkehrsszenarien und die Studie der IHK zeigen, dass die Zunahme des Verkehrs nur bewältigt werden kann, wenn der Anteil des ÖPNV am Verkehrsmix deutlich erhöht wird.

    Die technologische Entwicklung im Bereich Mobilität verläuft sehr schnell. Das gilt für neue Antriebsarten wie Elektromobilität oder Brennstoffzelle ebenso wie für neue Steuerungsmöglichkeiten wie (teil)autonomes Fahren oder effizienteres Verkehrsmanagement. Auch das Nutzerverhalten ist erheblichen Änderungen unterworfen. Aus Sicht der FDP müssen daher Mobilitätskonzepte  regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

    Der wachsende Verkehr wird ohne zusätzliche Trassen für Straße und Schiene nicht zu bewältigen sein. Gewünschten Entlastungen in der Innenstadt stehen Belastungen an anderen Orten gegenüber. Neue Schienen für die Straßenbahn und neue Straßen für Busse sowie den MIV und den Wirtschaftsverkehr werden dort wo sie gebaut werden, kaum auf Zustimmung stoßen. Die ablehnende Haltung der Betroffenen vor Ort ist für die FDP durchaus verständlich und nachvollziehbar. Dennoch werden sich die Liberalen bei der Entscheidung über neue Verkehrsprojekte von der gesamtstädtischen Interessenlage leiten lassen und bei den Betroffenen um Verständnis werben. Dies setzt jedoch eine sorgfältige Analyse der Be- und Entlastungen der Infrastrukturmaßnahmen voraus. Nur so kann die Akzeptanz von neuen Projekten erhöht werden.

    Angesichts der Begrenztheit des öffentlichen Raums und des Verkehrsraums gerade in der Innenstadt und zur Erhöhung der Lebensqualität in diesem Bereich spricht sich die Leipziger FDP dafür aus, die Innenstadt vom Durchgangsverkehr insbesondere im Bereich des MIV zu entlasten und dort verstärkt auf den ÖPNV zu setzen. Gleichzeitig fordern die Leipziger Liberalen Alternativen für den MIV außerhalb der Innenstadt zu schaffen.

    Im Einzelnen ergeben sich für die Leipziger FDP folgende Handlungsempfehlungen und Herausforderungen:

    • Die Durchschnittsgeschwindigkeit im ÖPNV, MIV und Wirtschaftsverkehrs sinkt nicht ab und die Zeit für die Wege zur Arbeit nimmt nicht zu.
    • Die Einhaltung der Luftschadstoffgrenzwerte in Leipzig ist möglich. Die durchschnittliche Lärmbelastung erhöht sich nicht.
    • Die Veränderung des Nutzerverhaltens erfolgt durch attraktive Angebote statt durch Verbote und künstliche Verknappung.
    • Der Straßenbahn fehlen leistungsfähige Ost-Westverbindungen. Das gilt insbesondere im Bereich der erweiterten Innenstadt und im Süden Leipzigs.
    • Die Situation vor dem Hauptbahnhof muss dringend optimiert werden. Die FDP begrüßt in diesem Zusammenhang den auf ihre Initiative beschlossenen Prüfauftrags des Stadtrates zur Nordtangente und einer Tieferlegung der Straßenbahntrasse zur Entlastung des Waldstraßenviertels und des Hauptbahnhofes, welcher zwischenzeitlich auch Eingang in das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (INSEK) gefunden hat.
    • Eine neue Straßenbahntrasse vom Adler über den Schleußiger Weg und die Kurt-Eisner Straße bis zu Semmelweisstraße ist ergebnisoffen zu prüfen.
    • Die Randlagen der Stadt und neue Wohn- und Gewerbegebiete müssen an den ÖPNV und bei hohem Verkehrsaufkommen an den Schienenverkehr angebunden werden.
    • Die FDP begrüßt den auf ihre Initiative hin beschlossenen Prüfauftrags hinsichtlich einer Entlastungswirkung des Mittleren Ring Ost hinsichtlich des MIV in der Innenstadt. Auch die weiteren Lücken im Mittleren Ring mit Ausnahme der Südverbindung müssen erneut auf ihre verkehrliche Wirksamkeit überprüft und bei positivem Ergebnis realisiert werden.
    • Bei einer guten Anbindung an den ÖPNV spricht sich die FDP bei neu zu schaffenden Wohngebieten auch für die Ausweisung von autoarmen Quartieren mit einer reduzierten Anzahl von Stellplätzen aus, sofern durch eine effektive Parkraumbewirtschaftung ein Ausweichen in den öffentlichen Raum vermieden wird.
    • Der Einsatz intelligenter Verkehrssteuerungslösungen führt zu effizienterer Nutzung des Verkehrsraumes.
    • Der Bau eines Ost-West S-Bahn Tunnels sollte geprüft werden, stellt aber angesichts des langen Planungs- und Realisierungszeitraums keine Option zur Lösung der Herausforderungen in den nächsten zwanzig bis dreißig Jahren dar.

    Die Maßnahmen zur Bewältigung der durch das Bevölkerungswachstum verursachten Mobilitätsherausforderungen stellen für die Stadt eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Während große Infrastrukturprojekte über einen Zeitraum von fünfzig bis einhundert Jahren genutzt werden, muss die Finanzierung im städtischen Haushalt innerhalb von wenigen Jahren dargestellt werden. Die FDP will Leipzig fit machen für die Mobilitätsanforderungen der kommenden Generationen und schließt daher eine zeitlich begrenzte Abgabenerhöhung zur Finanzierung der Investitionen nicht aus.

    Die FDP ist sich bewusst, dass die Nutzung des ÖPNV auch von der Höhe der Fahrpreise abhängt. Dennoch lehnt sie ein Bürgerticket verbunden mit einer Zwangsabgabe ab, dies unter anderem weil die entsprechenden gesetzlichen Regelungen dafür noch nicht vorliegen und eine Abgabe, die bei jedem Bürger erhoben wird mit einem unvertretbaren Verwaltungsaufwand verbunden mit mehreren hunderttausend Bescheiden und der Überwachung der entsprechenden Geldeingängen ein her gehen würde. Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Kosten für die Erbringung der ÖPNV-Leistungen in den letzten Jahren stärker als die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten und das verfügbare Einkommen gestiegen sind und damit jeder den ÖPNV nutzenden Haushalt einen größeren Anteil seines Einkommens für den ÖPNV aufwenden muss. Auf der anderen Seite sind die Kosten des ÖPNV im Stadthaushalt durch den Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag gedeckelt, wodurch der Anteil des ÖPNV am städtischen Haushalt sinkt. Dieser Sachverhalt ist nach Ansicht der FDP bei der Entscheidung über die Mobilitätszenarien zu berücksichtigen.

     

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